Die Chroniken Der Elfen: Elfenblut by Wolfgang Hohlbein

Die Chroniken Der Elfen: Elfenblut by Wolfgang Hohlbein

Autor:Wolfgang Hohlbein
Die sprache: de
Format: mobi, epub
Herausgeber: Otherworld
veröffentlicht: 2009-09-14T22:00:00+00:00


* * *

XVIII

Wenn es irgendetwas gab, was Pia noch mehr überraschte als der Anblick eines Pferdes, das mit den Flügeln schlug und über die Stadtmauer flog, dann war es vielleicht der Umstand, dass niemand den Zwischenfall erwähnte; weder an diesem noch an einem der darauffolgenden Tage. Natürlich traf Alica beinahe der Schlag, als sie mit blutigen Händen und Kleidern zu ihr zurückkam, aber nachdem sie sich erst einmal davon überzeugt hatte, dass es nicht ihr Blut war, und Pia ihr erzählt hatte, was gerade passiert war, schien sie sich eher Sorgen um ihren Geisteszustand zu machen.

Pia rechnete damit, spätestens eine halbe Stunde nach ihrer Rückkehr in den Weißen Eber wieder das Vergnügen einer ernsten Unterhaltung mit Istvan zu haben. Aber er kam weder nach einer halben noch nach einer ganzen Stunde und auch nicht nach zwei oder drei. Niemand kam, und auch Brack schien nichts erfahren zu haben … entweder war er ein begnadeter Schauspieler, oder Vorfälle wie diese standen in WeißWald auf der Tagesordnung und waren es deshalb nicht einmal wert, um darüber zu reden. Später an diesem Tag kamen die ersten Gäste, und auch sie erwähnten Flammenhufs spektakuläre Flucht nicht mit einem einzigen Wort. Dasselbe galt für den Tag danach und für den danach und den darauffolgenden, bis Pia den bizarren Zwischenfall schon beinahe zu vergessen begann – und sich fragte, ob das alles tatsächlich passiert war oder sie vielleicht schon wieder einer Illusion aufsaß, mit der ihre durchgeknallte Fantasie sie zum Narren hielt.

Das mit Abstand Dramatischste, was in den nächsten acht Tagen geschah, war ein weiterer Besuch Aressas, die jene Kleider brachte, die sie nach Alicas Entwürfen angefertigt hatte. Die Kleider – und vor allem Alicas Kopftuch, dessen Zauberknoten Pia nach anfänglichem Zögern nun jeden Abend ein- oder zweimal benutzte – taten ihren Dienst, so altmodisch sie auch aussehen mochten. Der Weiße Eber war stets bis auf den letzten Platz besetzt, und die Anzahl der Gäste, die Brack abweisen musste, stieg täglich. Istvan ließ sich nur ein einziges Mal blicken, und das nicht zu einer Inspektion oder um sie wieder einmal ein bisschen zu bedrohen und unter Druck zu setzen, sondern als ganz normaler Gast, der aß und eine Menge Bier trank und lange nach Mitternacht leicht angetrunken nach Hause wankte.

Nach und nach begann sich Pia an das Leben im Weißen Eber zu gewöhnen. Sie fand es weder besonders angenehm, noch erlaubte sie sich gar, es zu akzeptieren, aber sie verfiel doch – ob sie es wollte oder nicht – in eine schleichende Routine, von der sie spürte, wie gefährlich sie war. Und um wie viel gefährlicher sie noch werden würde, wenn sie zu lange hierblieb.

Bis zu dem Tag, an dem Valorens Vertrauensmann zu ihnen kommen sollte (Pia musste sich eingestehen, dass sie seinen Namen völlig vergessen hatte), würden noch drei Nächte vergehen, und Pia wusste, dass sie spätestens dann eine Entscheidung fällen musste, selbst wenn diese nur darin bestand, ob sie zu diesem Treffen ging oder nicht.

Es wurde ein sehr langer Tag; und eine sehr kurze Nacht.



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